Prüfer: Prof. Wilms (Uni Erlangen)Datum: 13.9.2007
PhysikdiplomNote: 1.0
Fach: Astronomie (Aktive Galaxien)
vereinbarte Themen:
seine Vorlesung
Protokoll:
* Was sind aktive Galaxien?
-> Galaxien, die in allen Wellenlängen intensiv strahlen
   und damit flache \nu-F_\nu Spektren haben.

* Wie wird diese Energie erzeugt?
-> Materie wird auf ein supermassives schwarzes Loch akkretiert
   und setzt dabei Gravitationsenergie frei,
   was effektiver als Kernfusion von Wasserstoff ist,
   was ja die Energiequelle von Sternen (und damit Galaxien) ist
   (Umwandlung von 8-42% anstatt 0.7% der Ruhemasse).

* Welche Strukturen gibt es um so ein schwarzes Loch?
-> Wegen der Drehimpulserhaltung kann die Materie nicht direkt ins
   schwarze Loch fallen, sondern bewegt sich lokal auf Kepler-Bahnen,
   was zur Ausbildung einer Akkretionsscheibe führt.
   Dort wirken viskose Kräfte, was zu einem Drehimpulstransport
   nach außen führt, während die Materie inwärts spiralt.
   Weiter außen befindet sich ein dichterer Torus aus Staub/Molekülen.

* Woher kommt die Viskosität?
-> Das ist noch nicht genau verstanden.
   Die molekulare Viskosität ist um Größenordnungen zu klein.
   Magnetohydrodynamische Instabiltäten sind jedoch eine mögliche
   Erklärung. Aufgrund der Ionisation der Materie durch das harte
   Röntgen-Kontinuum sind Magnetfelder im Plasma eingefroren,
   die nach Verdrillung durch Rekonnexionen Energie freisetzen.

* Welche Typen aktiver Galaxien gibt es?
-> Das vereinheitlichte Modell der aktiven Galaxien erklärt die
   verschiedenen Typen durch unterschiedlichen Blickwinkel auf
   die gleiche physikalische Situation: Seyfert 1 und Seyfert 2
   Galaxien unterscheiden sich in der Existenz von stark verbreiterten
   Linien im Falle Seyfert 1, bei denen der Beobachter nahezu senkrecht
   zur Scheibe auf die 'broad line region' nahe des schwarzen Loches
   sieht, in der das Material mit hohen Geschwindigkeiten, die zu
   starken Doppler-Verbreiterungen führen, um das schwarze Loch kreist.
   Bei Seyfert 2's ist die 'broad line region' vom Torus verdeckt
   und man sieht nur die 'narrow line region'. Dieses Modell wird
   dadurch unterstützt, daß man in vielen Sy2's breite Linien sieht,
   wenn man polarisiertes Licht analysiert, weil man dann über
   Einfachstreuung in der dünneren 'narrow line region' "um die Ecke"
   am Torus vorbei auf die 'broad line region' schaut.

* Woher kennt man die physikalischen Parameter der Regionen?
-> Aus der Liniendiagnostik: Das Auftreten mancher Spektrallinien
   ist nur unter bestimmten Bedingungen möglich. So sieht man von
   der 'narrow line region' sog. verbotene Linien, die nach den
   Dipol-Auswahlregeln der Quantenmechanik nicht erlaubten Übergängen
   entsprechen. Magnetische Dipol- oder höhere Multipolübergänge
   haben jedoch einen geringeren Wirkungsquerschnitt, so daß die
   angeregten Zustände eine längere Lebensdauer haben. Dadurch können
   nur dann Linien sichtbar sein, wenn die höheren Niveaus nicht durch
   Stöße abgeregt werden, was bei höheren Dichten der Fall wäre.
   Quantitativ kann man Dichten und Temperaturen aus Intensitäts-
   verhältnissen bestimmer Linienpaare bestimmen.

* Welche anderen Typen aktiver Galaxien gibt es noch?
-> Radio-laute AGN: erzeugt ein aktiver Kern einen Jet, wird von dem
   relativistischen Plasmaausfluß Synchrotronstrahlung erzeugt.
   Je nachdem, ob man auf die BLR sieht oder nicht, liegt eine 'broad'
   oder 'narrow line radio galaxy' vor. Sieht man in Richtung des Jets
   liegt ein äußerst leuchtstarker Quasar vor, weil die Abstrahlung
   in Bewegungsrichtung stark geboostet wird. Verläuft der Jet direkt
   in der Sichtlinie, liegt ein stark veränderlicher Blazar vor.

* Welche Geschwindigkeiten mißt man in solchen Jets?
-> An bewegten Blobs kann man scheinbare Überlichtgeschwindigkeiten
   messen, was aber ein geometrischer Projektionseffekt ist.
   Die tatsächlichen Geschwindigkeiten liegen bei ca. 0,3c. [Nein: 0.99c.]

Bemerkung:
Prof. Wilms ist ein sehr angenehmer Prüfer.
Seine Fragen zielen auf Verständnis der physikalischen Hintergründe
und nicht auf Faktenwissen und Details ab.
Besonderer Wert wird stet auf die Frage gelegt, 
wie vorhandene Erkenntnisse aus Messungen gewonnen werden können.